Solides Ergebnis trotz Corona: Stadtwerke Münster gestalten Zukunft
21.06.2021
6,5 Millionen Euro für den städtischen Haushalt
Mit einem Jahresüberschuss von 11,3 Millionen Euro schließen die Stadtwerke Münster das Geschäftsjahr 2020 ab. 6,5 Millionen Euro davon flossen bereits im vergangenen Dezember als Vorabgewinnausschüttung in den Haushalt der Stadt Münster. „Auch in einen Ausnahmejahr wie 2020 können sich die Münsteranerinnen und Münsteraner sich auf den Beitrag ihrer Stadtwerke verlassen. Corona hält uns nicht davon ab, Klimaschutz und Verkehrswende für ein lebenswertes Münster voranzubringen“, sagt Sebastian Jurczyk, Vorsitzender der Geschäftsführung, über das abgelaufene Geschäftsjahr. „Wir freuen uns über ein gutes operatives Ergebnis und sind dankbar für die Hilfen aus dem ÖPNV-Rettungsschirm. Ohne Rettungsschirm und Sondereffekte wäre das Ergebnis deutlich niedriger ausgefallen. Es hat sich ausgezahlt, dass wir gemeinsam mit unserem Team frühzeitig mit einem Einsparprogramm die Weichen für ein erfolgreiches Jahr unter besonderen Bedingungen gestellt haben. Nur so war dieses Ergebnis möglich.“ Die weiteren 4,8 Millionen Euro stärken als Gewinnrücklagen die Eigenkapitalbasis angesichts investitionsintensiver Zukunftsaufgaben bei Klimaschutz und Digitalisierung.
Über die Ausschüttung hinaus wirkt die Unternehmenstätigkeit der Stadtwerke und ihrer Netztochter positiv auf den städtischen Haushalt und die hiesige Wirtschaft. Auf insgesamt 95,5 Millionen Euro stieg ihr Beitrag zur lokalen Wirtschaftsleistung, unter anderem mit Aufträgen an hiesige Unternehmen, Steuern und Abgaben sowie Sponsorings (Vorjahr: 89,3 Mio. Euro).
Energie- und Wasserabsatz weitgehend stabil, Ökostrom wächst stark
Auf das operative Energie- und Wassergeschäft wirkt sich die warme Witterung im vergangenen Jahr stärker aus als die Corona-Pandemie. Die Stromabgabe sank in Summe um 4,2 Prozent bei stabiler Abgabe im Stammgebiet und Verlusten außerhalb. Wie in den Vorjahren steigerten die Stadtwerke hingegen den Ökostromabsatz, der um fast 62 Prozent zulegte. Infolge des trockenen Sommers wurden 1,1 Prozent mehr Trinkwasser abgegeben (17,4 Mio. m3), jedoch 4,1 Prozent weniger Fern- und Nahwärme. Der Erdgasabsatz hingegen stieg geringfügig, vor allem außerhalb von Münster (+ 0,4 Prozent).
Erzeugung: Starkes Windjahr, Photovoltaik-Ausbau auf hohem Niveau
Die erneuerbare Stromerzeugung aus Sonne steigerten die Stadtwerke im vergangenen Jahr um fast zehn Prozent und aus Wind um drei Prozent. Wegen eines Generatorschadens in der GuD-Anlage erzeugten die Stadtwerke Münster 2020 jedoch insgesamt weniger Strom als im Vorjahr (- 18 Prozent).
Die installierte Leistung von Photovoltaik-Dachanlagen wuchs um 1 MWp auf rund 3 MWp – ein Zuwachs von 25 Prozent bei den Dachanlagen Die aktuelle installierte PV-Leistung von 9,4 MWp wollen die Stadtwerke bis 2030 auf 116 MWp steigern, denn ab Ende des Jahrzehnts sollen alle Privatkunden mit Ökostrom aus eigenen Anlagen versorgt werden. Wichtige Säulen dafür etablierte das Unternehmen im vergangenen Jahr mit einer Solar-Kooperation mit der städtischen Wohnungsgesellschaft Wohn+Stadtbau sowie Bürgerbeteiligungsmodellen für neue PV-Anlagen.
Für mehr erneuerbaren Strom wollen die Stadtwerke Münster außerdem die Zahl der Windenergieanlagen bis Ende des Jahrzehnts verdoppeln. Neue Windenergieanlagen planen die Stadtwerke derzeit an Standorten im Münsterland sowie in Ostwestfalen.
Erneuerbar soll in den kommenden Jahrzehnten auch die münsterschen Nah- und Fernwärme werden. Die im vergangenen Jahr entwickelte Strategie für die Dekarbonisierung setzt auf einen regenerativen Erzeugungsmix mit Schwerpunkten bei Geo- und Solarthermie, Power-to-Heat und Wärmepumpen. Derzeit untersuchen die Stadtwerke Münster gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie die Potenziale für Erdwärme in Münster. Mit Wärmerückgewinnung am Hafenkraftwerk geht im kommenden Jahr ein erstes grünes Wärmeprojekt an den Start. „Zur Energiewende gehört die Wärmewende zwingend hinzu. Die flächendeckenden Wärmenetze sind optimale Hebel für die grüne Wärme“, betont Geschäftsführer Sebastian Jurczyk. „Erneuerbare Wärme ist technologisch komplex und wird Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe erfordern.“
Digitale Infrastrukturen: Glasfaser-Partnerschaft geht 2021 auf die Straße
Mit der Deutschen Telekom konnten die Stadtwerke Münster einen starken Partner für den Glasfaserausbau in Münster gewinnen. In Mauritz-West haben die Partner im Mai damit begonnen, für Glasfaseranschlüsse zu werben, im dritten Quartal soll die Vertragsvermarktung an Endkundinnen und -kunden beginnen. „Bis 2030 bringen wir 160.000 Haushalte ans schnelle Glasfasernetz. Wir bauen eine Infrastruktur auf, von der die kommenden Generationen und die Stadtwerke langfristig profitieren werden“, sagt Geschäftsführer Jurczyk.
Eigenwirtschaftlich wurde 2020 das Glasfasernetz im Hansaviertel bis auf Restarbeiten fertiggestellt sowie in Amelsbüren mit dem Bau begonnen. Im Rahmen des Bundesprogramms Breitband fördern der Bund, das Land NRW und die Stadt Münster den Anschluss von ca. 2.000 Adressen an das schnelle Internet. Die Arbeiten in den ersten beiden von zehn Ausbauclustern laufen seit Herbst 2020.
Mobilität: ÖPNV-Rettungsschirm und neue E-Busse
Mit dem Ziel mehr Menschen für klimafreundlichen ÖPNV zu begeistern ins Jahr 2020 gestartet, wurde der Nahverkehrsbereich schon im März von der Coronapandemie ausgebremst. Stattdessen ging es darum, während der Lockdowns durchgehend ein zuverlässiges Mobilitätsangebot aufrechterhalten und gleichzeitig Fahrpersonal und Fahrgäste vor Infektion zu schützen. „Für die Beschäftigten im Mobilitätsbereich war 2020 ein extrem herausforderndes Jahr– egal, ob am Steuer eines Busses, im Depot und Werkstatt oder der Planung“, sagt Frank Gäfgen, Geschäftsführer Mobilität. „Unter schwierigsten Bedingungen haben die Kolleginnen und Kollegen dafür gesorgt, dass die Busse jederzeit gefahren sind, neue Vorgaben zum Infektionsschutz kurzfristig umgesetzt und Fahrgäste darüber informiert wurden.“
Erwartbar negativ entwickelten sich im Corona-Jahr 2020 die Fahrgastzahlen: Nur rund 30,9 Millionen Fahrgäste beförderten die Stadtwerke in 2020, ein Rückgang von 37 Prozent zum Vorjahr. Die Verluste durch den pandemiebedingten Fahrgastrückgang konnten die Stadtwerke mit einer Ausgleichszahlung in Höhe von 5,8 Millionen Euro aus ÖPNV-Rettungsschirm von Bund und dem Land NRW ausgleichen. Trotzdem sank der operative Kostendeckungsgrad um 1,5 Prozent auf 67 Prozent.
Den Wandel vom Bus-Betreiber hin zum Anbieter von nachhaltigen Mobilitätslösungen trieben die Stadtwerke in 2020 trotz Pandemie weiter voran: Die ersten vier elektrischen Gelenkbusse sind seit Sommer 2020 im Linieneinsatz und ein Bus mit Wasserstoffantrieb fährt testweise durch Münster. Zwei Buslinien fahren inzwischen vollständig emissionsfrei mit Ökostrom durch Münster. Fördergelder von Land, Bund und EU unterstützen die weitere Flottenelektrifizierung: „2021 werden wir unsere Flotte fast verdoppeln. Insgesamt 15 neue Elektrobusse kommen zu den 17 vorhandenen hinzu – ein Riesenschritt“, so Gäfgen. Bis 2029 wird die gesamte Busflotte mit Strom oder Wasserstoff angetrieben. Auch in öffentliche Ladeinfrastruktur für private Elektroautos investieren die Stadtwerke und installierten 2020 drei neue Ladesäulen.
Trotz Pandemie: Nahverkehr auf Bestellung ist ein Erfolg
Ein bundesweit beachtetes Beispiel für neue Mobilitätslösungen ist das im Herbst 2020 gestartete Nahverkehrsprojekt LOOPmünster, das vom Land NRW und der Stadt Münster für drei Jahre gefördert wird. Kleinbusse ohne feste Linienwege werden per App bestellt, die die Fahrtwünsche der Nutzenden bündelt. Mehr als 120.000 Personen nutzten das neue Angebot seit September 2020. „Nun stehen für LOOPmünster wichtige Weiterentwicklungen an. Die Kombination mit einer geplanten Hochleistungsachse auf der Weseler Straße ist ein wichtiger Faktor für die Zukunft des Angebots“, so Gäfgen. Zudem wird die LOOPmünster-App künftig stärker auf bestehende Busverbindungen verweisen, wenn diese vorhanden sind. So können die flexiblen Kleinbusse noch besser so fahren, wie sie gedacht sind: Als Zu- und Abbringer zu Bus und Bahn sowie auf nicht von Buslinien erschlossenen Routen.
Mit dem Einstieg beim Carsharing-Anbieter Stadtteilauto im Frühjahr 2020 will das Unternehmen sein Busangebot ebenfalls enger mit alternativen Verkehrsträgern verzahnen: „Unser Ziel sind einfache Mobilitätsangebote, die digital wie analog nahtlos ineinandergreifen. Es ist ein großer Gewinn für die Klima- und Verkehrswende, wenn ein eigenes Auto dadurch perspektivisch überflüssig wird“, betont Gäfgen.
Generationenaufgaben beherzt und gemeinsam angehen
Infrastruktur für die Digitalisierung bauen, die Verkehrswende gestalten und erneuerbare Strom- und Wärmequellen erschließen – die Zukunftsaufgaben für die Stadtwerke Münster sind immens. Mit einer Eigenkapitalquote von 44,9 Prozent hat das Unternehmen zwar eine solide wirtschaftliche Basis, jedoch ist Förderung angesichts der enormen Aufgaben dringend nötig. „Wir stehen vor Generationenaufgaben und packen sie beherzt an. Erreichen können wir die Klimaziele nur, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen verlässlich und die Finanzierung von Investitionen gesichert ist“, betonen die Geschäftsführer Jurczyk und Gäfgen. „Nicht zuletzt brauchen wir auch den Rückenwind aus der Stadtgesellschaft, denn die notwendigen Veränderungen betreffen uns alle und wir bewältigen sie nur gemeinsam.“