Neue Abschlagspläne für ehemalige Westfälische Fernwärme-Kunden

18.10.2023

Fehler bei der Systemintegration: Historische Verbrauchsdaten führten zu hohen Abschlägen

Die Stadtwerke Münster versenden in den kommenden Tagen eine Entschuldigung an die rund 1.900 ehemaligen Kundinnen und Kunden der Westfälischen Fernwärmeversorgung. Die Haushalte in Angelmodde, Coerde, Gremmendorf und Teilen von Rumphorst hatten im Oktober neue Abschlagspläne erhalten, die teils extreme Steigerungen aufwiesen. Rund die Hälfte der betroffenen Haushalte erhält einen korrigierten Abschlagsplan.

Denn die kurzfristige interne Analyse der Stadtwerke hat ergeben: Diesen Berechnungen lagen vielfach zu hohe Verbrauchsdaten zugrunde. Bei der Systemintegration von der Westfälischen Fernwärme in die Stadtwerke Münster ist der Fehler passiert. Es wurden anstelle des Verbrauchs der beiden Vorjahre abweichende historische Verbrauchsdaten übermittelt.

„Es tut uns sehr leid, dass wir die Kunden enttäuscht und geschockt haben. Bei der Erstellung der Abschlagspläne ist ein menschlicher Fehler passiert, der uns selbst ärgert und für den wir vielmals um Entschuldigung bitten. Wir setzen alles daran, uns das verlorene Vertrauen wieder zu verdienen“, sagt Sebastian Jurczyk, Geschäftsführer der Stadtwerke Münster. „Wir arbeiten den Vorfall intern intensiv auf und nehmen ihn zum Anlass, um weitere Plausibilitätsprüfungen in den Systemen zu installieren.“ Erschwerend komme hinzu, dass die Integration der Westfälischen Fernwärme in die IT-Systeme mit der Abwicklung der Preisbremsen zusammenfällt. „Dies bringt die IT-Systeme und die Mitarbeitenden an den Rand der Belastungsgrenze und führt auch dazu, dass menschliche Fehler passieren“, so Jurczyk. Die betroffenen Haushalte laden die Stadtwerke zu einer Infoveranstaltung Anfang November ein, um offene Fragen zu beantworten und konkrete Hilfestellung zu geben.

Neue Abschlagspläne enthalten korrigierte Verbrauchsdaten

Der Fehler bei den Verbrauchsdaten betrifft nicht alle der 1.900 Kunden gleichmäßig. Während bei rund der Hälfte aller Abschlagspläne doppelt bis dreifach erhöhte Verbräuche zugrunde lagen, wies die andere Hälfte aller Abschlagspläne keine signifikanten Abweichungen auf. Einen korrigierten Abschlagsplan erhalten diejenigen Haushalte, bei denen der Abschlagsplan auf abweichenden Verbrauchsdaten beruhte. Den neu berechneten Abschlagsplänen liegen nun die realen Verbrauchswerte der Haushalte aus den letzten beiden Jahren zugrunde.

Auch in der Neuberechnung beinhaltet der Abschlagsplan bei einigen Kunden aufgrund der Systemintegration nur vier bis sieben Monatsabschläge statt der gewohnten zwölf. Der verkürzte Abschlagsplan umfasst die nun anstehenden verbrauchsintensiven Wintermonate. In der Heizperiode fallen in Haushalten rund 80 Prozent des erwarteten Jahresverbrauchs für Wärme an. Die Sommermonate mit durchschnittlich geringerem Verbrauch hingegen werden erst im nächsten Abschlagsplan berücksichtigt. Dieser wird regulär für die betroffenen Kunden anhand der neu terminierten Zählerablesung mit der nächsten Jahresrechnung erstellt.

Auch die korrigierten Abschlagspläne für die ehemaligen Kunden der Westfälischen Fernwärme enthalten deutlich höhere Abschläge als noch im Vorjahr. Grund dafür sind die im Krisenjahr 2022 extrem gestiegenen Energiepreise, die erst im Folgejahr im Fernwärmepreis bemerkbar werden. Die Wärmepreisbremse deckelt den Fernwärmepreis für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 9,5 Cent je Kilowattstunde, der ungebremste Preis liegt jedoch bei 22,8 Cent/Kilowattstunde.

Bis Mitte Dezember die neuen Fernwärmepreise für 2024 vorliegen, ist dieser ungebremste Preis Grundlage für die Abschlagsberechnungen ab Januar. Bis dahin, so hoffen die Stadtwerke Münster, ist auch ein weiterer großer Unsicherheitsfaktor für die Entwicklung der Energiepreise politisch geklärt: die Verlängerung der Wärmepreisbremse bis Ende März 2024.

Kundinnen und Kunden, die die neuen Abschläge absehbar vor Schwierigkeiten stellen, können sich diskret an die Stadtwerke wenden. Ein engagiertes und gut vernetztes Team berät bei Zahlungsproblemen, informiert und vermittelt Unterstützungsmöglichkeiten.

Hintergrund: Was ist ein Abschlag?

Der Energiepreis setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Jede verbrauchte Kilowattstunde Strom, Gas oder Wärme wird nach dem Arbeitspreis abgerechnet. Dazu kommt ein jährlicher Grundpreis, der fixe Kosten beispielsweise für den Zähler und Leitungen beinhaltet. Die monatlichen Abschlagszahlungen sind Teilzahlungen der voraussichtlichen Gesamtkosten, die mit der Jahresrechnung anhand der tatsächlich verbrauchten Energie spitz abgerechnet werden.

Am Beginn jedes Energievertrags steht daher die Frage „Wie hoch war Ihr letzter Jahresverbrauch?“. Mit diesem ganz individuellen Wert berechnen Energieversorger, wie hoch der monatliche Abschlag sein muss. Liegt dieser zu hoch, wird mit der nächsten Jahresrechnung ein Guthaben ausgezahlt. Zu niedrige Abschläge führen zu Nachzahlungen. Im Idealfall passen realer Verbrauch und Abschlag so gut, dass die Jahresrechnung ausgeglichen ist.

Neue Abschlagspläne für das Folgejahr erstellen die Stadtwerke Münster mit der Jahresrechnung. Der Plan enthält in der Regel zwölf gleichmäßige monatliche Abschläge bis zur folgenden Jahresabrechnung.

Bei einer Preisanpassung wird der Abschlagsplan hingegen nicht automatisch angepasst. Hier sind die Verbraucherinnen und Verbraucher gefragt, die Höhe ihrer Abschlagszahlung anzupassen. Änderungen um bis zu 15 Prozent können Kundinnen und Kunden der Stadtwerke Münster online im Kundenportal erledigen oder sich an den Kundenservice wenden. Auch, wenn absehbar ist, dass im Haushalt künftig mehr oder weniger Energie verbraucht wird – etwa, weil ein neuer Mitbewohner einzieht oder alte energiefressende Elektrogeräte getauscht wurden – sollte der Abschlag angepasst werden. Das schützt vor hohen Nachzahlungen.